Myriad - Der Garten der Zukunft
Eure Gründungsgeschichte
Myriad entstand aus einem einfachen, aber weitreichenden Problem. Moderner Gemüseanbau schadet sowohl der Umwelt als auch Endkund:innen. Selbst Bio-Gemüse kommt aus durchschnittlich 2.400 Kilometer entfernten Anbaugebieten, wird mit Pestiziden und unter Unmengen von Plastikmüll angebaut. All das, damit wir im Supermarkt Tomaten kaufen können, die nach nichts schmecken und dann häufig weggeschmissen werden. In jeder dritten Tomate innerhalb der EU werden immer noch Rückstände von Pestiziden gefunden. Genau wie wir selbst würden viele Menschen lieber ihr eigenes Gemüse anbauen, ihnen fehlt aber einfach der Platz, die Zeit oder die Erfahrung dazu.
Um das zu lösen haben wir ein autonomes Gartensystem entwickelt, mit dem automatisch, platzsparend und ohne vorherige Erfahrung eigenes Gemüse angebaut werden kann. Bereits mit den ersten Ernteerfolgen aus unseren Prototypen haben wir das große Potential der Technologie erkannt und unsere Stellen in der Raumfahrtindustrie und Beraterbranche gekündigt. Für die ersten Prototypen haben wir 2021 das Exist-Gründerstipendium erhalten und konnten uns von der Produktidee bis hin zur Kleinserie entwickeln. Während des Stipendiums haben wir unsere Idee erfolgreich auf dem Markt getestet und in einem Vorverkauf alle 30 Gärten in weniger als einer Woche verkauft. Für das große Potential hinsichtlich nachhaltiger Lebensmittelversorgung der Großstädte wurden wir aus hunderten von europäischen Startups sowohl in das Clean Cities Programm als auch den Seedbed Inkubator des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (EIT) aufgenommen. Außerdem werden wir vom Zollhof Inkubator in Nürnberg und Corporate Partnern wie Arrow Technologies unterstützt. Seitdem haben wir auch weitere Förderprogramme wie den Start?Zuschuss! erhalten und die EU als offiziellen Investor gewonnen. Damit können wir im nächsten Jahr einen vollständigen Markteintritt mit einem serienreifen Produkt erreichen. Auf LinkedIn, Instagram und TikTok könnt ihr unsere Reise weiter verfolgen, denn das war bisher nur der Anfang!
Was war das ausschlaggebende Ereignis und die Motivation für eure Gründungsidee?
Die ersten Versuche, eigenes Gemüse in unserer kleinen 25m² Wohnung ohne jegliches Vorwissen anzubauen, sind natürlich kläglich gescheitert. Zur gleichen Zeit sind wir über neuartige Methoden zum Anbau von Pflanzen gestolpert. Auf der Internationalen Raumstation wurden bereits erste Paprika automatisiert, platzsparend und effizient angebaut. Die Pflanzen wachsen nicht in Erde, sondern in einem Nährstoffnebel. Wir wollten diese Technik vom Weltraum ins Wohnzimmer bringen! Deshalb hat Miriam in ihrer Masterarbeit einen Mikrokontroller für ein solches Anbausystem, für die private Anwendung optimiert, entwickelt. Wenige Wochen später wuchsen bei uns in den ersten Prototypen Bohnen und Tomaten. Als wir dann aus einem zwei wöchigen Urlaub zurückgekommen sind, waren die Pflanzen überraschenderweise nicht abgestorben! Die Bohnenpflanze ist so groß geworden, dass sie sich um die Beleuchtung gewickelt und sie aus der Verankerung gerissen hat. Die Tomatenpflanze hat uns mit leuchtend roten Früchten begrüßt. Wir waren unglaublich stolz auf unser eigenes Gemüse und haben die beste Tomatensoße gemacht, die wir jemals gegessen haben. Da wussten wir sofort, dass wir dieses tolle Erlebnis mit anderen teilen wollen.
Könnt ihr die Geschäftsidee, die hinter Myriad steht in drei Sätzen beschreiben?
Der Myriad Garten ermöglicht jeder und jedem, eigenes Gemüse in der Wohnung anzubauen, und schafft damit eine nachhaltige Gemüseproduktion direkt zu Hause. Da der Garten an jede beliebige Wand passt, sich automatisch um die Pflanzen kümmert und sich selbst Anfänger über eine große Ernte freuen können, machen wir den erfolgreichen Anbau so vielen Menschen wie möglich zugänglich. Mit Myriad bekommt man das ganze Jahr über transparent und ressourcenschonend angebautes, geschmacksintensives und erntefrisches Gemüse: Tomaten, Gurken, Paprika, Bohnen, Kräuter und vieles mehr.
Was macht ihr, um den Bekanntheitsgrad weiter auszubauen?
Die ersten Kund:innen haben wir über veröffentlichte Zeitungsartikel, gewonnene Wettbewerbe und Ausstellungen auf Messen gefunden. Ganz nach dem Motto ”do things that don’t scale”. Für die Zukunft haben wir einige spannende Ideen, um sowohl digital als auch offline mehr Menschen zu erreichen. Wer dabei nichts verpassen will sollte sich auf unserer Webseite www.myriadgarden.com für den Newsletter anmelden. Unsere Abonnent*innen bekommen regelmäßig die Möglichkeit den Garten live zu testen, werden über Neuigkeiten informiert und erhalten natürlich beim nächsten Produktlaunch einen Rabatt.
Was ist das Besondere an der Geschäftsidee von Myriad?
Mit unserem Garten können Menschen, die keinen grünen Daumen, keine Zeit oder keinen Platz haben, erfolgreich eigenes Gemüse anbauen. Benutzer:innen bekommen dadurch hochwertiges Gemüse erntefrisch aus dem eigenen Garten, mit bis zu 3x mehr Nährstoffen als aus dem Supermarkt, und in einer großen Sortenvielfalt. Dafür verbraucht der Garten dank der eingesetzten Raumfahrttechnologie 99% weniger Wasser als in der traditionellen Landwirtschaft, komplett ohne Verwendung von Pestiziden. Wir schaffen neue Anbauflächen ohne Regenwälder abzuholzen, stattdessen verwandeln wir bestehende freie Wandflächen in Gemüsegärten. Mit unserer optimierten Licht- und Nährstoffzufuhr wachsen Pflanzen doppelt so schnell als im herkömmlichen Garten. Außerdem ist der Garten mit seinem Holzrahmen, dem angenehmen sonnenartigen Licht und den vielseitigen Pflanzen ein absoluter Blickfang und bereichert den Raum.
Wie hilfreich war/ist ein Netzwerk für eure Gründung?
Ein Netzwerk ist enorm wichtig, da für eine erfolgreiche Gründung die unterschiedlichsten Themenbereiche abgedeckt werden müssen. Obwohl bereits zu Beginn im Gründerteam alle nötigen Skills zur Produktentwicklung vertreten sein sollten, kommen in höheren Entwicklungsstufen immer neue Themengebiete dazu. Mit einem engen Netzwerk können wir von anderen lernen, unsere Ideen teilen und nach Feedback fragen. Das ist schwer zu quantifizieren, aber unglaublich hilfreich. Wir sind sehr dankbar für die tolle Unterstützung, die wir aus der Region und mittlerweile aus ganz Europa bekommen.
Was war der bisher größte Erfolg und was der schwerste Tiefschlag?
Ein großer Erfolg sind die Europäischen Förderprogramme in die wir uns aus hunderten von Mitbewerbern gepitcht haben, sowie die Siege im Start?Zuschuss!-, BayStartUP Businessplan Wettbewerb und dem Startup Design Award. Am meisten haben wir uns allerdings über den Erfolg im Vorverkauf gefreut: Wir haben alle 30 angebotenen Gärten innerhalb einer Woche verkauft, ohne Geld für eine Marketingkampagne auszugeben.
Einen wirklich schweren Tiefschlag hatten wir bisher glücklicherweise noch nicht. Es gibt aber immer wieder mal Zeiten, in denen wir uns ausgebrannt fühlen. Dann sehen wir nur die ganzen Probleme und Hürden, die noch vor uns liegen und vergessen leider wie weit wir bereits gekommen sind.
Wie habt ihr diesen Tiefschlag gemeistert?
Erfolge sichtbar machen und sie im Team gemeinsam feiern. Wer nur Learnings aus den negativen Events zieht, schafft schnell eine schlechte Atmosphäre. Wir sind darin bei weitem noch nicht perfekt, aber z.B. führen wir genau dazu gerade ein neues Meeting ein. Da kann jede:r die kleinen oder großen Erfolge mit dem Rest des Teams teilen. Toller Nebeneffekt: dadurch verstehen die Teilnehmer:innen die unterschiedliche Bereiche im Unternehmen besser und es ergeben sich Synergieeffekte.
Was sind eure aktuell größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung ist aktuell der Aufbau einer Lieferkette. Für ein Hightech Produkt wie unseren Garten kostet das viel Geld und Zeit. Viele Zuliefer:innen sind überlastet und können erst in Monaten liefern, Preise schwanken zu sehr, es gibt wenig Planungssicherheit. Wir haben außerdem den Anspruch, Partner*innen zu finden, bei denen weder Mensch noch Planet ausgebeutet werden.
Was würdet ihr rückwirkend anders machen und warum?
Viel früher den Fokus auf den Verkauf von Produkten legen. Solange das Produkt von Anfang an ein echtes Problem löst, findet man dafür zahlende Kund:innen. Wir haben Anfangs zu lange den Fehler gemacht, Gärten zum Test kostenlos herauszugeben. Im Englischen gibt es den Spruch “if something is free, it has no value”. Feedback aus diesen Tests ist fast immer positiv und die Anzahl der Nutzer:innen hat überhaupt keine Aussagekraft darüber, ob später Menschen dafür wirklich Geld zahlen würden.
Gab es Angebote der Universität Bayreuth die euch bei der Gründung weitergeholfen haben?
Durch das Exist-Gründerstipendium und die dadurch ermöglichte Forschungs- und Entwicklungsarbeit konnten wir unsere Technologie weit vor den Stand der Technik bringen. Ein großer Teil der Förderungen, die wir seit Exist erhalten haben, oder Programme, in die wir aufgenommen wurden, waren nur wegen dem greifbaren technologischen Fortschritt gegenüber dem Wettbewerb möglich.
Was ebenfalls hilfreich war und auch weiterhin ist, sind die Kontakte, die wir aus dem Netzwerk des IEI bekommen haben. Sowohl durch direkten Kontakt als auch durch Netzwerk-Events haben wir viele tolle Menschen kennengelernt, die uns auf unterschiedlichste Weise unterstützt haben. Mit deren Hilfe konnten wir in kurzer Zeit viel erreichen.
Welche weiteren Angebote seitens der Universität hättet ihr euch gewünscht?
Mehr Events zum Austausch zwischen Startups und mehr Fokus auf “Bauen” und “Machen”. Vorträge zu Learnings aus dem Startup-Alltag, Hackathons, oder einfach Workshops zu den Skills, die zum Produkte bauen benötigt werden: zum Beispiel aktuelle Software-Frameworks, No-Code Landing Page, bauen von Prototypen mit 3D-Druckern, Arduino & Elektronik-Grundlagen, aber auch soziale Themen wie praktische Organisation und Rollenverteilung im kleinen Team, Tools für einen Überblick über Bestellungen, Konten und Steuern. All das macht zwar den Großteil des Startup-Alltags aus, aber das mussten wir und andere Startups zeitaufwändig selbst erarbeiten - oder schmerzhaft aus Fehlern lernen. Für einen wirklich starken Startup-Standort braucht es zusätzlich zur Theorie noch einen großen Praxisfokus mit den dafür geeigneten Einrichtungen, Veranstaltungen, Netzwerken. Nur dann können Teams schnell und einfach Produkte bauen, testen und daraus erfolgreiche Startups entwickeln.
Wenn ihr jungen Gründerinnen und Gründern einen Tipp geben könnten, welcher wäre das?
Das Schlimmste was ihr machen könnt, ist ein Unternehmen aus den falschen Gründen aufzubauen. Die anfängliche Motivation vom “eigenen Startup” verschwindet nämlich sobald es wirklich schwierig wird. Um weiter zu machen braucht ihr die Energie, die euch glückliche Kund*innen immer wieder auf’s neue geben. Entwickelt also kein SISP (”solution in search of a problem”), sondern von Anfang an Produkte, die nachweislich ein Problem für eure Mitmenschen lösen. Dann findet ihr auch viel leichter Kund*innen.